

Anni Albers
2021,
Fotoprint, 153 × 122 cm
aus der Serie verstellt, Notizen zu Anni Albers
Als Anni Albers und Josef Albers 1933 in die USA flüchten, reisten sie sobald es ihnen möglich war nach Kuba, Mexiko und Südamerika.
Monte Albán in Mexiko wurde in den 30er Jahren von dem mexikanischen Archäologen Alfonso Caso und seinem Team großflächig freigelegt; viele Grablegungen wurden entdeckt.
Anni und Josef Albers besuchten den Ort mehrmals und dokumentierten fotografisch die präkolumbische Stätte.
Die Serie der Teppiche, die Anni entwickelte nimmt Grundrisse der ausgegrabenen Stadtanlage Monte Albán auf. Auf meinem Foto zu sehen ist ein Teppich, den sie nach den Besichtigungen webte.
Ancient writing.
Sie greift das räumliche Phänomen der Schichtung und der Freilegung auf. Ein Thema, das sie in mehreren Teppichen verfolgte.
Anni Albers besuchte als Kind häufig die Berliner Museen, vor allem das damalige Völkerkundemuseum. Ihre Faszination für archäologische Artefakte begleitet sie also schon seit ihrer Kindheit. Vermutlich hat sie dort auch viele alte Bildteppiche gesehen.
Ich habe den Eindruck, sie kann in dieser „Serie“ ihre Leidenschaft für archäologische Ausgrabungen und der Historie des Webens ihre eigene Bildsprache hinzufügen. Ein Ansatz, der sich zwischen den Räumen der Zeitschichtungen und der Bildsprache befindet. Als würden sich lange Beobachtungen aus verschiedenen Kontexten endlich verbinden können.
Sie fügt ihrem Werk damit eine inhaltliche Ebene zu.
Albers beschäftigte sich auch intensiv mit der Vermittlung des Webens, sowohl in der direkten Rolle der Lehrenden am Bauhaus, Black Mountain College und Yale, als auch als Theoretikerin.
Sie schrieb das Buch „on weaving“, in dem sie das Wesen und die Techniken des Webens beschreibt. Die Kombinatorik von „unter und darüber“ liegenden Fäden- 0 und 1- ist unerschöpflich!
Sie erforschte unter anderem die Vielfalt der Knoten und fertigte Zeichnungen von konkreten Knoten an; diese sind eher technische Zeichnungen und dienen der Vermittlung.
Die intensive Beschäftigung mit dem Rohstoff überträgt sie auch ins freie Zeichnerische ihrer Fadenbilder. Die Buchseite, die ich ausgewählt habe, zeigt eine solche Zeichnung. Völlig reduziert in schwarz und weiß liegt oder schwebt ein Stück Faden. Ein eventueller Rest, wie man ihn kennt wenn
Man sieht den Zeichnungen die Vertrautheit mit dem Material an.
Wieviele Stunden, wieviele Kilometer Faden liefen durch Anni Albers Hände?
Meine Bildbeilage ist eine Schablone (positiv und negativ), die den Raum einer Kugel, das Knäuel bilden kann. Eine Urform, ein geometrischer Körper, hier im Zweidimensionalen entfaltet.
Am Rand meiner Fotografie habe ich ein Buch mit Abbildungen von Teppichen, gewebt von Kindern, gelegt. Der ägyptische Architekt R.W. Wassef initiierte in den 70 er Jahren, eine Schule für Kinder, um das aussterbende Handwerk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Er bereitete einen Raum, in dem Kinder das spielerische Weben von Bildteppichen entdecken konnten; ohne Vorzeichnungen entwickelten die Kinder sehr direkt malerisch im Webprozess ihre Motive. Das Foto zeigt den Ausschnitt einer Dorffestszene mit Korbtragenden.
Das Buch wurde mir geschenkt, ein Buch vom Pfennigbasar.

